Donnerstag, 17. Juli 2014

Wu Wei 02 - Bindungen


Wir sind in einen Haufen Bindungen verstrickt: Familie, Beziehungen, Beruf, Religion, Gesellschaft, Recht, Nation, Bildungsschicht. Im Normalfall fällt uns gar nicht auf, wie sehr wir von diesen Bindungen geprägt sind und wie sehr wir – vermeintlich – freie Entscheidungen in Abhängigkeit von diesen Bindungen treffen.
Unsere Bindungen
Unsere Bindungen im Leben
Vielmehr treffen wir unsere Entscheidungen mit den Bindungen vor unserem geistigen Auge. Aus Angst vor Bestrafung (Machtverlust oder Liebesentzug) oder in der Hoffnung auf Belohnung. Stets haben wir nicht genug (Liebe, Macht, Geld, Anerkennung) oder wollen das Erreichte krampfhaft festhalten.
Dabei nehmen wir unsere Realität durch den Tunnelblick unserer Bindungen wahr. Alles was ausserhalb ist, ist für uns gar nicht vorstellbar und wird daher von vorne herein als unmöglich angesehen.

Wie selektiv unsere Wahrnehmung ist, sieht man zum Beispiel an einem Autokauf. Kaum hat man sich zum Kauf von einem bestimmten Wagen entschieden, sieht man diesen haufenweise auf der Strasse, wie als Bestätigung, dass so viele Fahrer sich ja nicht täuschen können.
Wir sehen und erleben, was wir zu sehen / leben erwarten. Alles andere blenden wir aus. Wie wir sehen, hat mit unserer Erziehung und unseren Bindungen zu tun. Unsere Sicht auf die Dinge ist also sehr eingeschränkt, wie bei einem Tunnelblick.

Unsere Erfahrungen basieren auf unserem angesammelten Wissen der Vergangenheit. Die Aufnahme dieses Wissen, war durch den Tunnelblick sehr stark eingeschränkt, also können unsere Erfahrungen auch nur eingeschränkt sein. Wir sind voreingenommen.
Wir haben es uns zur Gewohnheit gemacht, dass wir über alles einen Haufen Gedanken wälzen, alles dauernd analysieren. Wie kann uns das aber in unserem Leben weiter bringen, wenn ja der Verstand und unser Wissen durch unseren Tunnelblick so stark eingeschränkt sind?

Jedesmal wenn wir probieren ein Problem mit unserem Verstand zu lösen, dann pfuschen wir Tao ins Handwerk. Tao ist die innere Autorität in uns, welche sich nicht durch denken erreichen lässt.

An Tao muss man nicht glauben. Tao bedarf keiner obskuren Übungen. Tao muss einfach gelebt werden, damit man es erfahren kann. Tao weiss auf jedes Problem eine viel bessere Lösung als unser Verstand es je finden könnte.
Wenn wir lernen Tao zu vertrauen, werden wir sofort aufhören mit unserem Verstand über Probleme zu grübeln und nach Lösungen zu forschen, weil wir erfahren werden, wie viel einfacher es ist mit dem Fluss zu sein, anstatt sich dagegen zu stemmen.

Es genügt völlig, das Problem ganz genau anzusehen – ohne darüber nach zu denken, ohne zu werten, ohne zu analysieren – den Rest erledigt Tao. Soweit unser Handeln erforderlich ist, empfangen wir einen klaren Handlungsimpuls durch eine kräftige Intuition.
Tao findet im Hier und Jetzt statt. Alles herumstreunen unseres Verstandes in der Vergangenheit oder der Zukunft, hält uns davon ab gegenwärtig zu sein.

Das ist auch die einzige Voraussetzung für Tao: Gegenwärtig sein
Das Schwierige daran im Hier und Jetzt zu sein, ist dass wir es uns gewohnt sind, mit unseren Gedanken überall zu sein, nur nicht hier. Unsere Gegenwart erscheint uns zu unfreundlich, um länger darin zu verweilen. Zu unfreundlich, um genau hinzuschauen. Zu unerfreulich, um sie intensiv erleben zu wollen.

Da wir dauernd auf der Flucht aus dem Augenblick heraus sind, entgehen wir nicht nur der Tristheit, es ist uns auch nicht möglich das Schöne und die Freude wirklich wahrzunehmen.
Entweder beherrscht Vorfreude oder Angst vor der Zukunft unsere Gedanken oder wir hängen der Vergangenheit nach. Sind wir doch einmal in der Gegenwart, so nehmen wir alles (inkl. unserer Gefühle) durch den Filter des Verstands wahr. Wir geben den Dingen Namen und stecken Sie in Schubladen. Denken führt uns so immer aus der Gegenwart fort.

Denken ist nicht schlecht, wenn man es dort benutzt, wo es nützlich ist. Im Beruf zum Beispiel. Meistens jedoch herrscht in unserem Gehirn ein endloses Geplapper, dass uns von der Gegenwart abhält.
Leider können wir jetzt nicht einfach den Entschluss fassen, das Geschwätz abzustellen, weil wir das auf der Gedanken Ebene tun würden. Um das zu erreichen, würden wir permanente Willenskraft benötigen und das wäre nur eine grosse Energieverschwendung.

Um in der Gegenwart zu leben, braucht es einzig die Bereitschaft von uns. Kein Ziel, kein Ehrgeiz, keine Motivation, nur die Bereitschaft.
Wird demnächst fortgesetzt

Gruss Barbara

Zusammenfassung des Buches: Wu Wei von Theo_Fischer erschienen bei Rowohlt

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